Das Wort gewöhnlich wird oftmals mit einem negativen Beigeschmack verwendet. Es gilt als langweilig und nicht der Beachtung würdig.In diesem kurzen Text soll jedoch der Schönheit und die daraus resultierende Wichtigkeit des Gewöhnlichen benannt und verteidigt werden.
Im Vergleich zu dem Ausdruck normal, welcher einen normativen Charakter hat und objektiv-richtend ist, ist das Gewöhnliche subjektiv und richtet nicht nur das Gegenüber, sondern beschreibt auch das Verhältnis des Sprechers zum Angesprochenen. So kann für den Einen eine Banane als exotische Frucht erscheinen und für einen anderen die Frucht aus dem Vorgarten sein.
Das Normale ist eigentlich nur im akademisch-wissenschaftlichem Kontext gewissenhaft zu verwenden, in dem man durch Regeln und Konventionen die Norm wertfrei bestimmt. Der wissenschaftliche Normalfall ist hierbei der, der die statistisch höchste Häufigkeit vorweist und nichts weiteres.
Der Begriff des Gewöhnlichen ermöglicht einen anderen alltäglichen Gebrauch, da stets ein subjektiver Bezug zum Sprecher impliziert ist.
Gewöhnlichkeit wird dadurch gekennzeichnet, das das jeweilige Objekt für den Sprecher ein gut bekanntes ist. Obwohl die Bekanntheit selbst nicht positiv oder negativ konnotiert ist, kann aus dieser Qualität auch eine potentielle Zuneigung begründet werden. So findet die Liebe zur eigenen Familie ーnicht nur, aber im gewissen Anteilーin dem An-einander-gewohnt-sein,seinen Ursprung. Erst nach einer Gewöhnungsphase ist ein differenziertes Urteil und damit eine adäquate Wertschätzung möglich, indem das Fremde aus seiner Unbekanntheit nach und nach herausgehoben wird. Nach einer solchen Phase ist zwar auch denkbar, das sich eine Abneigung bildet, doch wird eine Absurdität wie grundloser, blinder Hass ausgeschlossen, welchen wir noch immer in Form von Rassismus oder Sexismus als Gesellschaft ertragen müssen.
Als Beispiel des Weges aus dem Unnormalen in das Gewöhnliche sehe ich die Entwicklung der Akzeptanz gegenüber queeren Menschen in Deutschland, welche die Gesellschaft nun angefangen hat zu bilden. Nach der Überwindung der Ignoranz entwickelt sich zunehmend eine breite Akzeptanz, wobei das Endziel nur eine im positiven Sinne Gleichgültigkeit sein kann.